Es war kein langer, ruhiger Fluss – aber nun ist er angekommen: Benjamin Bößenroth (43) ist seit zwei Jahren hauptamtlicher Diakon und seit September 2023 im Pfarrverband Altötting tätig. Auf seinem Weg dahin musste er oft „Ja“ sagen, so manches Mal auch gegen seine ursprünglichen Vorstellungen. Davon erzählte Bößenroth lebendig beim Nightfire am Freitagabend, 2. Februar in der Altöttinger St. Magdalena-Kirche.
Oft ginge es ihm so wie der Hauptperson in der amerikanischen Komödie „Der Ja-Sager“ mit Jim Carrey als Darsteller. Nach dem Besuch des Motivationsseminars habe dieser fortan zu allem und jedem nur noch „Ja“ gesagt. Es kommt zu allerlei Turbulenzen, aber am Ende wird alles gut. Ein lustiger Film, wie Bößenroth sagt, der aber eines verdeutliche: „Mit einem ‚Ja‘ tritt man ganz schön was los.“ Sein Leben sei ganz normal gewesen: Aufgewachsen im idyllischen Neubeuern, gerne in der Natur, in den Bergen unterwegs. Mitglied der freiwilligen Feuerwehr seit er 15 ist, Banklehre, Selbstständigkeit im Kredit- und Versicherungswesen, Projektleiter in einer großen Firma – aber richtig glücklich sei er im Beruf nie gewesen. Eine Kirche habe er lange Zeit nicht mehr von innen gesehen, habe keinerlei Bezug mehr dazu gehabt.
Diakon Benjamin Bößenroth bei Nightfire, mit dem Evangelienbuch bei einer Ehejubilars-Feier und bei einem Kinderwortgottesdienst.
Fotos: Roswitha Dorfner
Doch dann kam das Jahr 2009: Bößenroth wollte seiner künftigen Frau seine Heimat zeigen, Neubeuern. Dort in der Marienkirche habe Viktoria einen Flyer von Taizé mitgenommen und wieder zurück zu Hause gesagt: Da möchte ich hin. Nach einigen Bedenken sagte Bößenroth schließlich „Ja“. Nach einer Weile habe er gemerkt: „Das ist das, was ich verpasst habe. Ich war schon 27, als ich gemerkt hab: Da fehlt mir etwas.“ Nach der Rückkehr hat er sich zum Pfarrgemeinderat aufstellen lassen und wurde sogar fast gewählt. Irgendwann war er im Familiengottesdienst-Team, hat Gottesdienste mit dem „Sponti-Chor“ in Burghausen begleitet — und ganz normal weitergearbeitet.
Bis seine Frau eines Tages gesagt habe: „Ich möchte nochmal ins Ausland.“ Mit welchem Ziel, darüber herrschte anfangs regelrecht Streit im Hause Bößenroth. Bis er wieder „Ja“ gesagt habe, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Beide einigten sich schließlich auf ein einjähriges Volontariat in der Diözese Barreiras mitten in Brasilien. Dort habe er die Arbeit der Diakone kennengelernt, so Bößenroth. Nach der Rückkehr 2014 sagte er zu seiner Frau: „Du, ich möchte ebenfalls Diakon werden.“ Wieder ein „Ja“, auch von Viktoria. Das nebenberufliche Theologiestudium sei ihm so leicht gefallen wie keine andere Ausbildung zuvor – da habe er gespürt, auf dem richtigen Weg zu sein. Dieser mündete schließlich in die Diakonenweihe 2019 durch Bischof Stefan Oster.
Die überwiegend jungen Nightfire-Gäste hörten gebannt zu – auch bei den Schlussworten von Benjamin Bößenroth: „Ich möchte euch ermutigen, dass ihr Ja-Sager werdet. Wenn ihr die Chance bekommt, etwas Verrücktes zu tun, etwas Ungewöhnliches, etwas, wo ihr sagt: nie im Leben, das schaffe ich nicht – einfach nur Ja sagen. Einfach nur den Weg beginnen.“ Wenn ihm jemand 2009 gesagt hätte, dass er zehn Jahre später zum Diakon geweiht werden würde, dann hätte er gesagt: Alles, aber Diakon – sicher nicht. Und heute stehe er vor ihnen, habe mittlerweile seinen Zivilberuf an den Nagel gehängt und dürfe Vollzeit Diakon sein: „Ich ermutige euch: Sagt ‚Ja‘ zu Gott. Es gibt einen Weg trotz aller Widrigkeiten und wenn man sich darauf einlässt, dass Gott einen an die Hand nimmt, dann schenkt er einem ein kleines Licht. Und man muss nur dieses kleine Licht immer wieder ein Stück nach vorne tragen – den Rest macht Er!“
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter