Kirche vor Ort

Der „Ja“-Sager

Redaktion am 12.02.2024

2024 02 12 pb alb benjamin boessenroth1 Foto: Roswitha Dorfner
Diakon Benjamin Bößenroth.

Wie aus einem Jahr ein Jahrzehnt wurde: Benjamin Bößenroth (43) erzählt seine ungewöhnliche Berufungsgeschichte, die über Kirchenferne, Taizé und Brasilien bis zum hauptamtlichen Diakon in Altötting führte.

Es war kein lan­ger, ruhi­ger Fluss – aber nun ist er ange­kom­men: Ben­ja­min Bößen­roth (43) ist seit zwei Jah­ren haupt­amt­li­cher Dia­kon und seit Sep­tem­ber 2023 im Pfarr­ver­band Alt­öt­ting tätig. Auf sei­nem Weg dahin muss­te er oft Ja“ sagen, so man­ches Mal auch gegen sei­ne ursprüng­li­chen Vor­stel­lun­gen. Davon erzähl­te Bößen­roth leben­dig beim Night­fi­re am Frei­tag­abend, 2. Febru­ar in der Alt­öt­tin­ger St. Magdalena-Kirche.

Oft gin­ge es ihm so wie der Haupt­per­son in der ame­ri­ka­ni­schen Komö­die Der Ja-Sager“ mit Jim Carrey als Dar­stel­ler. Nach dem Besuch des Moti­va­ti­ons­se­mi­nars habe die­ser fort­an zu allem und jedem nur noch Ja“ gesagt. Es kommt zu aller­lei Tur­bu­len­zen, aber am Ende wird alles gut. Ein lus­ti­ger Film, wie Bößen­roth sagt, der aber eines ver­deut­li­che: Mit einem Ja‘ tritt man ganz schön was los.“ Sein Leben sei ganz nor­mal gewe­sen: Auf­ge­wach­sen im idyl­li­schen Neu­beu­ern, ger­ne in der Natur, in den Ber­gen unter­wegs. Mit­glied der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr seit er 15 ist, Bank­leh­re, Selbst­stän­dig­keit im Kre­dit- und Ver­si­che­rungs­we­sen, Pro­jekt­lei­ter in einer gro­ßen Fir­ma – aber rich­tig glück­lich sei er im Beruf nie gewe­sen. Eine Kir­che habe er lan­ge Zeit nicht mehr von innen gese­hen, habe kei­ner­lei Bezug mehr dazu gehabt.

Dia­kon Ben­ja­min Bößen­roth bei Night­fi­re, mit dem Evan­ge­li­en­buch bei einer Ehe­ju­bi­lars-Fei­er und bei einem Kinderwortgottesdienst.

Fotos: Ros­wi­tha Dorfner

Doch dann kam das Jahr 2009: Bößen­roth woll­te sei­ner künf­ti­gen Frau sei­ne Hei­mat zei­gen, Neu­beu­ern. Dort in der Mari­en­kir­che habe Vik­to­ria einen Fly­er von Tai­zé mit­ge­nom­men und wie­der zurück zu Hau­se gesagt: Da möch­te ich hin. Nach eini­gen Beden­ken sag­te Bößen­roth schließ­lich Ja“. Nach einer Wei­le habe er gemerkt: Das ist das, was ich ver­passt habe. Ich war schon 27, als ich gemerkt hab: Da fehlt mir etwas.“ Nach der Rück­kehr hat er sich zum Pfarr­ge­mein­de­rat auf­stel­len las­sen und wur­de sogar fast gewählt. Irgend­wann war er im Fami­li­en­got­tes­dienst-Team, hat Got­tes­diens­te mit dem Spon­ti-Chor“ in Burg­hau­sen beglei­tet — und ganz nor­mal weitergearbeitet. 

Bis sei­ne Frau eines Tages gesagt habe: Ich möch­te noch­mal ins Aus­land.“ Mit wel­chem Ziel, dar­über herrsch­te anfangs regel­recht Streit im Hau­se Bößen­roth. Bis er wie­der Ja“ gesagt habe, den Din­gen ihren Lauf zu las­sen. Bei­de einig­ten sich schließ­lich auf ein ein­jäh­ri­ges Volon­ta­ri­at in der Diö­ze­se Bar­rei­ras mit­ten in Bra­si­li­en. Dort habe er die Arbeit der Dia­ko­ne ken­nen­ge­lernt, so Bößen­roth. Nach der Rück­kehr 2014 sag­te er zu sei­ner Frau: Du, ich möch­te eben­falls Dia­kon wer­den.“ Wie­der ein Ja“, auch von Vik­to­ria. Das neben­be­ruf­li­che Theo­lo­gie­stu­di­um sei ihm so leicht gefal­len wie kei­ne ande­re Aus­bil­dung zuvor – da habe er gespürt, auf dem rich­ti­gen Weg zu sein. Die­ser mün­de­te schließ­lich in die Dia­ko­nen­wei­he 2019 durch Bischof Ste­fan Oster.

Die über­wie­gend jun­gen Night­fi­re-Gäs­te hör­ten gebannt zu – auch bei den Schluss­wor­ten von Ben­ja­min Bößen­roth: Ich möch­te euch ermu­ti­gen, dass ihr Ja-Sager wer­det. Wenn ihr die Chan­ce bekommt, etwas Ver­rück­tes zu tun, etwas Unge­wöhn­li­ches, etwas, wo ihr sagt: nie im Leben, das schaf­fe ich nicht – ein­fach nur Ja sagen. Ein­fach nur den Weg begin­nen.“ Wenn ihm jemand 2009 gesagt hät­te, dass er zehn Jah­re spä­ter zum Dia­kon geweiht wer­den wür­de, dann hät­te er gesagt: Alles, aber Dia­kon – sicher nicht. Und heu­te ste­he er vor ihnen, habe mitt­ler­wei­le sei­nen Zivil­be­ruf an den Nagel gehängt und dür­fe Voll­zeit Dia­kon sein: Ich ermu­ti­ge euch: Sagt Ja‘ zu Gott. Es gibt einen Weg trotz aller Wid­rig­kei­ten und wenn man sich dar­auf ein­lässt, dass Gott einen an die Hand nimmt, dann schenkt er einem ein klei­nes Licht. Und man muss nur die­ses klei­ne Licht immer wie­der ein Stück nach vor­ne tra­gen – den Rest macht Er!“

Wolfgang Terhoerst

Wolfgang Terhörst

Redaktionsleiter

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