Lesungen: Ex 12,1−8.11−14.; 1Kor 11,23−26.; Joh 13,1−15.
Predigt von Stiftspropst und Stadtpfarrer Dr. Klaus Metzl:
Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst!
Liebe Schwestern und Brüder!
Abschiede gehören zu unserem Leben: Von einem kurzen Bis bald! zwischen Tür und Angel, über einen innigen Abschiedskuss für längere Zeit, bis hin zum stillen Abschied unter Tränen am Sterbebett eines lieben Verstorbenen. Abschiede in allen Varianten gehören zu unserem Leben. Leben heißt: Abschied-Nehmen!
Heute, am Gründonnerstag, werden wir hineingenommen in das Abschied-Nehmen Jesu von seinen engsten Freunden, den zwölf Jüngern. Diese Abschieds-Stunde hat es in sich und möchte auch unser Herz berühren.
Schauen wir kurz zurück: Das ganze Leben Jesu auf den Punkt gebracht heißt: Liebe umsonst! – gemäß seinem Wort: Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde. (Joh 15,13). Das sagt Jesus auch zu uns: Ihr seid meine Freunde (Joh 15,14). Jesus IST unser Freund! Und er bricht auf, sein Leben für uns, seine Freunde, hinzugeben. Die Fußwaschung der Jünger an dem Abend, an dem er ausgeliefert wurde, und der Tod Jesu Christi am Kreuz, sind die Zusammenfassung seines Lebens. Hier kommt Jesu Liebe zur Vollendung. Im Kreuz können wir – wie der heilige Bruder Konrad sagte – herauslesen, wie weit Jesus in seiner Liebe zu uns geht: Sie macht nicht Halt vor den staubigen Füßen seiner Freunde.
Sie mündet im Abendmahlssaal ein in die Stunde seiner Verherrlichung. So beginnt das Evangelium mit der schlichten Bemerkung: Es war vor dem Paschafest. Und Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüber zu gehen (Joh 13,1). Jesus spricht also von seiner Stunde. Am Beginn seines öffentlichen Wirkens, bei seinem ersten Zeichen, das er auf der Hochzeit zu Kana gewirkt hat, sagt er noch zu seiner Mutter: Frau, meine Stunde ist noch nicht gekommen (Joh 2,4). Und immer wieder entzieht er sich den Pharisäern und Schriftgelehrten, die ihn töten wollen, weil seine Stunde noch nicht gekommen war (Joh 8,20). Jetzt aber ist sie da, seine Stunde, auf die er hingelebt und auf die er immer wieder verwiesen hat als Stunde seiner Verherrlichung (Joh 17,1)! Und Jesus meint damit seinen Liebes-Tod am Kreuz, sein durchbohrtes Herz, aus dem die Ströme des Lebens fließen, dem Urquell des Heiles, dem Quellgrund allen Lebens. Mit dem letzten Abendmahl beginnt sein ganz persönliches Pascha. Es ist sein Hinübergehen zum Vater in die Herrlichkeit des Himmels. Und so dürfen auch wir unser Leben begreifen: nicht als ein Rennen ins Planlose, nicht als ein Fallen ins Nichts, nicht als ein vergebliches Leben und Lieben, sondern als ein einziges Heim- und Hinüber-Gehen zum himmlischen Vater, ein Pilgern hinein in seine himmlische Herrlichkeit, die er seit der Erschaffung der Welt für uns bestimmt hat (Mt 25,34). Von daher wird allen Abschieden auf Erden ihre Endgültigkeit genommen. Denn es gibt ein Wiedersehen in der Herrlichkeit des Vaters. Es gibt das ewige Leben, weil Jesus am Kreuz erhöht, alles an sich zieht, hinauf ans Kreuz, seinen Thronsitz auf Erden, und weiter hinauf in das himmlische Jerusalem zu dem Fest ohne Ende, das Gott all denen bereiten wird, die ihn von ganzem Herzen lieben.
Fußwaschung und Kreuzestod zeigen uns also: Für die Liebe Gottes gibt es keine Grenzen. Die Liebe schreckt vor nichts und vor niemanden zurück! Die Liebe – so sagt Paulus – hört niemals auf (1 Kor13,8)! Und in der Liebe Jesus zu uns bleibt kein Platz mehr für Angst und Misstrauen, für Kleinkrämerei und Engherzigkeit. Es liegt an uns, wie wir auf diese Liebe antworten und wir haben zunächst nur dies eine zu tun: uns von Jesus lieben zu lassen; uns von Jesus hineinnehmen zu lassen in sein für uns grenzenlos geöffnete Herz. So einfach!
Und so wandelt sich das Kreuz vom grausamsten Hinrichtungsinstrument der Antike zum unüberbietbare Zeichen gott-menschlicher Liebe, die den Hass überwinden, den Tod vernichtet und keine Grenzen kennt. Gerade im Schauen auf die gekreuzigte Liebe dürfen wir – wie der heilige Bruder Konrad sagt – lernen: selber selbst-los zu lieben, weil selbst-lose Liebe reich macht an guten Werken und Frucht bringt, die bleibt für das ewige Leben. In jeder Eucharistiefeier schwingen wir uns daher ein in der Erhebung der Herzen in diese grenzenlose Liebe Jesu zu uns, seinen Freunden, als unblutige Vergegenwärtigung des unbegreiflichen Geheimnisses der sich selbst und umsonst verschenkenden Liebe am Kreuz – für uns! Heute feiern wir daher sowohl die Einsetzung des Sakramentes der Eucharistie, wie auch die Einsetzung des Sakramentes der Priesterweihe. Beides gehört unzertrennlich zusammen. Die Feier des Brotbrechens und der Auftrag an die zwölf Jünger, dies weiter zu tun, zu seinem Gedächtnis.
Auch wir dürfen dies heute Abend wieder tun und wir tun es voller Dankbarkeit und Freude, weil wir wissen, dass wir Freunde Jesu sind. Und sooft wir dieses Gedächtnismahl feiern, rücken wir selber Jesus wieder ein Stück näher und damit dem künftigen Leben in der Herrlichkeit des himmlischen Vaters.
Amen